Montag, 20. November 2006

Willkommen, Mr. Bush!

Wenn unsere Oberstufenlehrer mit uns in den Medienraum gingen, um ein Video anzuschauen (was sie gerne und oft taten, weil sie dann die Stunde nicht vorbereiten mussten), das entsprechende Band aber aus irgendeinem Grund beschädigt oder verloren gegangen war, legten sie gerne als Ersatz (denn sie hatten ja nichts vorbereitet) den einzigen in der Filmsammlung der Schule vorhandenen Spielfilm ein: „Willkommen, Mr. Chance” von Hal Ashby. Im Jahr 1979 und damit gerade noch vor der endgültigen Kapitulation Hollywoods vor der Blockbustermentalität entstanden (nähere Einzelheiten siehe „Easy Riders, Raging Bulls” von Peter Biskind), handelt es sich bei „Being There”, so der Originaltitel, um eine der bösesten und anti-amerikanischsten Satiren, die je auf dem Hoheitsgebiet der Weltmacht Nr. 1 entstanden sind.

Ihr Inhalt: Mr. Chance, gespielt von einem überragenden Peter Sellers in seinem vorletzten Film, hat sein ganzes Leben als Gärtner im Haushalt einer dieser einflussreichen Hintergrundfiguren der amerikanischen Politik verbracht, die im Stillen ihre Fäden ziehen, ohne viel von sich reden zu machen. Mit bescheidener Intelligenz, aber sehr guten Manieren und exquisitem Geschmack ausgestattet, hat er das luxuriöse Anwesen seit seiner Geburt nicht verlassen und kennt von der Welt jenseits der Gartenmauern nur deren schwachen Widerschein auf dem Fernsehschirm, und außer schön klingenden, aber inhaltsleeren Gemeinplätzen über Dasein und Sosein seiner Rosenstöcke hat er seinen Mitmenschen wenig von Bedeutung mitzuteilen.

Das wäre nicht weiter schlimm, aber eines Tages - und das ist die Fabel des nach einer Novelle von Jerzy Kosinki entstandenen Films - stirbt sein Herr und Meister, und Mr. Chance sieht sich unvermittelt ohne Anstellung und den Anfeindungen des wahren Lebens ausgesetzt. Nach einigen Irrungen und Wirrungen gerät er in die Fänge der Mediengesellschaft: Da er sich distinguiert zu kleiden weiß und angenehm parliert, hält man ihn für einen Mann von Bedeutung und ihm somit Kamera und Mikrofon unter die Nase. Da er nicht so richtig versteht, was um ihn herum eigentlich vorgeht, antwortet er auf jede Frage mit so tiefsinnigen Weisheiten wie der, dass man eine Blume erst gießen müsse, bevor sie wachsen könne, und überhaupt auf jeden Winter ja immer ein Frühling folge. Da das Fernsehen und sein Publikum sympathische und naiv direkte Menschen wie ihn lieben, wird er auf diese Weise unaufhaltsam zum Star, gar zum Berater des Weißen Hauses, und am Ende des Film lässt Regisseur Ashby seinen Hauptdarsteller auf dem Wasser wandeln und entlässt uns mit der schmerzhaften Gewissheit, den Gewinner der nächsten US-Präsidentschaftswahlen vor uns zu haben.

Ich weiß nicht, ob unsere Schule vor 20 Jahren für diese Vorführungen Tantiemen an die Verwertungsgesellschaft Film und Fernsehen abgeführt hat, aber vom heutigen Standpunkt aus gesehen waren die solcherart mit „Fernsehgucken” verbummelten Schulstunden eine weit bessere Vorbereitung auf das politische Leben des beginnenden 21. Jahrhunderts als alle Lektionen über das d'Hondtsche Sitzverteilungsverfahren oder die Funktion des Bundesverfassungsgerichts. Warum ich das glaube? Schalten Sie Ihren Fernseher ein. Schauen Sie sich die Auslandsnachrichten an. Mr. Chance is alive and well und der derzeitige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ...!

Offenbar ist noch niemandem diese fast perfekte Übereinstimmung der Identitäten aufgefallen, dabei sticht sie ins Auge: Kaum zu übersehen die Parallelen auf den Gebieten Maßanzug und inhaltsleere Phrase (nur dass Mr. Bush seine Redensarten dem Alten Testament und nicht dem „Handbuch des Rosenzüchters” entnimmt), nicht zu leugnen der gleichermaßen unterbelichtete Intellekt, die unglaubliche Borniertheit und Naivität in Verbindung mit dem gewinnendsten Lächeln Washingtons, die völlige Fehlbesetzung als Führer des mächtigsten Landes der Erde. Dass uns statt Sellers britischer Höflichkeit texanische Cowboy-Allüren („We'll smoke them out of their holes...”) geboten werden, macht dank des medientechnischen Primats von Form über Inhalt keinen allzu großen Unterschied. Und während man Bush Juniors geistigem Vorvater, dem Großen Kommunikator „Ronbo” Reagan, immerhin noch einen standfesten und überzeugten (wenn auch albernen) Antikommunismus abnehmen konnte, besteht der wahre geistige Vollstrecker der Präsidentschaft des kalifornischen Schauspielers nur noch - wie Chance - aus einem großen, laut tönendem Nichts.

Was nicht heißen soll, dass es sich bei dem derzeitigen Amtsinhaber um einen zwar hirnlosen, aber ansonsten harmlosen Trottel handelte. Am Ende von „Being There” beschließt selbstverständlich nicht Mr. Chance selbst, dass er sich um die Präsidentschaft bewerben möchte, es sind die Kumpane seines alten Arbeitgebers, die berühmten Strippenzieher im Hintergrund, die ihm Berater zur Seite stellen und ihn finanziell unterstützen werden, weil sie erkannt haben, dass sich ein großes, laut tönendes Nichts, solange es bei den Menschen draußen im Lande gut ankommt, bestens dafür eignet, geschickt an der Öffentlichkeit vorbei die eigentliche Politik zu betreiben.

Und das wäre dann auch schon der einzige größere Unterschied zwischen dem spöttisch-sanften Zynismus des Hal-Ashby-Films und der unerbittlich harten Realität: Die Strippenzieher von Bush Junior agieren nicht etwa, wie Verschwörungstheoretiker das gerne herbeiphantasieren, in den Hinterzimmern düsterer Kaschemmen oder bei nächtlichen Geheimlogentreffen in alten Burgruinen, sondern im hellen Licht der Weltöffentlichkeit. Es handelt sich um eine Kamarilla um den Vizepräsidenten, den Verteidigungsminister, dessen Stellvertreter und diverse untere Chargen der derzeitigen amerikanischen Regierung, allesamt mit einer sogenannten „Denkfabrik” namens „Project for A New American Century” verklüngelt, die ohne Geheimnistuerei und für alle im Internet einsehbar (www.newamericancentury.org) an ihrem Plan arbeitet, die USA zum globalen Imperium klassischer Prägung mit hegemonialer Präsenz auf allen Erdteilen und einem gestaffelten System aus Verbündeten, Vasallen und bei Bedarf gewaltsam in die Schranken zu weisenden Schurkendarstellern zu machen. Wenn sie mal vollends der Hafer sticht, wie beispielsweise einige Wochen nach dem Ende des Irakkriegs bei Pentagon-Staatssekretär Wolfowitz in dem berüchtigten Interview mit „Vanity Fair”, geben Sie sogar ganz offen zu, dass sie die Öffentlichkeit über so unwesentliche Dinge wie das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak belügen und in Wirklichkeit ganz andere Absichten verfolgen als von den front men George W. und Colin Powell bekannt gegeben (Einsicht gefällig? Natürlich beim Pentagon selbst möglich...).

Das Problem bei der Rolle George W. Bushs dabei ist aber nicht, und in diesen Fragen greift auch ein scharfer und polemischer Kritiker wie Michael Moore wesentlich zu kurz, dass wir gerade Pech haben, weil der derzeitige amerikanische Präsident und seine finsteren Spießgesellen es zufällig geschafft haben, das Amt per Wahlbetrug und Manipulation des Obersten Gerichtshofs dem rechtmäßig gewählten Al Gore vor der Nase wegzuschnappen und jetzt dank 11. September und gewonnenem Irakkrieg unaufhaltsam auf eine zweite Amtszeit zusteuern. Das Problem ist, dass das gesamte Wahlsystem der Vereinigten Staaten, die enorm hohen für eine erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur erforderlichen Geldsummen, das rein spendenorientierte Finanzierungssystem, der dadurch übermächtige Einfluss von Big Business auf die Auswahl der Kandidaten, die Wahlfaulheit und das politische Desinteresse eines Großteils des amerikanischen Volkes, die Konzentration auf medienwirksame Gesten und leere Phrasen, die Verlagerung des Wahlkampfs in das Paralleluniversum der Fernsehwelt und schließlich die große Varieténummer der Nominierungsparteitage in der Summe immer nur das eine bewirken: dass jedes Mal ein neuer Mr. Chance zum Präsidenten gewählt wird. Ein richtiger Politiker mit einem richtigen politischen Anliegen und unterstützt von einer richtigen politischen Partei, die richtige politische Grundsätze verträte, hätte so viele Chancen, das höchste politische Amt der USA zu bekleiden wie eine schwedische Lutheranerin, die Päpstin werden wollte. Beziehungsweise wie Ralph Nader. Diese Entwicklung hat mit dem Fernseh-Wahlduell zwischen Nixon und Kennedy 1960 begonnen und seitdem mit jedem Präsidentschaftswahlkampf an Schärfe zugenommen. Einen ersten Höhepunkt stellten in dieser Hinsicht die beiden Amtszeiten Ronald Reagans dar, einen zweiten erleben wir gerade.

Warum funktioniert das alles? Warum versammeln sich nicht erregte Bürger auf den Straßen der Hauptstadt und fordern die Köpfe der Verbrecher? Warum zeigt keiner mit dem Finger auf den nackten Kaiser, der so bräsig stolz auf einem hinkenden Gaul durch die Straßen Laramies reitet und sich für Wyatt Earp hält? Warum wird er nicht in Grund und Boden gelacht? Auch auf diese Fragen weiß „Willkommen, Mr. Chance” eine Antwort: Als Chance, der Gärtner, die Nachlassverwalter seines verstorbenen Herrn durch sein Zimmer führt, zeigt er auf seinen alten Schwarzweißfernseher und sagt versonnen „I like to watch” - „Ich seh mir gern was an”. In dieser Hinsicht sind wir alle wie Mr. Chance (wahrscheinlich mögen wir ihn deshalb so gern), wir sehen uns gerne etwas an. Wir halten die Fernbedienung in der Hand und möchten die langweiligen Filme wie die unangenehmen Dinge des Lebens am liebsten wegzappen wie ein konsternierter Peter Sellers, als er, endlich in die Freiheit entlassen, im Ghetto von Washington mit einer Straßengang aneinander gerät, die ihm nicht den Gefallen tut, sich beim Drücken auf den Ausschaltknopf in Luft aufzulösen. Wie er glauben wir, dass der Tod etwas ist, „das alten Leuten passiert”, weil wir es so auf dem Bildschirm gesehen haben. Die diesbezügliche Medienkritik aus den Siebzigern und Achtzigern mag ja selbst zur Phrase geronnen sein, weil gegen den Moloch Fernsehen einfach kein Ankommen ist, aber im Grunde genommen hat sich alles daran als haargenau zutreffende Prophezeiung erwiesen.

Und weil wir uns so gerne etwas ansehen, tun wir so wenig. Wir nehmen die Politik, wie alle „großen Dinge”, nur noch als Spiel und Inszenierung wahr (die Politik reagiert darauf, indem sie - oberflächlich gesehen - zu Spiel und Inszenierung wird) und wursteln uns ansonsten durch unser Leben, dass wir als „klein” empfinden, weil es nie so groß und aufregend ist, wie uns die Fernsehserien unserer Kindheit versprochen haben. Manchmal geschieht etwas besonders Schreckliches wie ein Krieg oder eine Naturkatastrophe, dann wachen wir kurz aus unserer wohligen Apathie auf und gruseln uns ein wenig, um dann gleich wieder in den politischen Halbschlaf zu verfallen. Nicht einmal das explodierende World Trade Center hat es geschafft, uns länger als fünf Minuten bei Bewusstsein zu halten und über das „Ende der Spaßgesellschaft” zu debattieren, deren Tanzbären und Wunderdoktoren sich im Anschluss an das Ende der allgegenwärtigen Betroffenheitstalkrunden wieder in Windeseile an allen Ecken und Kanten breit gemacht haben. Und weil das so ist, müssen die Gauner, die unsere Politik bestimmen, nicht einmal mehr lügen, um ungestört ihren finsteren Machenschaften nachzugehen. Die am besten funktionierende Diktatur ist immer noch die, in der eine Gedankenpolizei gar nicht erst nötig ist, weil sich ohnehin alle nur noch für das Liebesleben des englischen Königshauses und die Ergebnisse des letzten Formel-Eins-Rennens interessieren.

Aber wer sollte uns aus dieser tatsächlich existierenden „Matrix” befreien, wenn nicht wir selbst? Wer erinnert sich noch an die Episode auf dem Nominierungsparteitag der Demokratischen Partei 1968 in Chicago, als die Yippies, eine Gruppe aufrührerische Studenten (ja, so etwas gab es damals), ein Schwein namens „Pigasus” zum Präsidentschaftskandidaten ernannten? Die anschließenden Straßenschlachten mit der Polizei dauerten mehrere Tage, die Yippie-Führer wurden als „Chicago Seven” wegen Aufrührertum vor Gericht gebracht (und dort später freigesprochen). Ein klassisches Bespiel dafür, dass die Leute früher einmal wesentlich intelligenter waren. Solchen unverzichtbaren bürgerlichen Ungehorsam hat man heutzutage in Deutschland nicht nur vergessen, es ist bei der letzten Bundestagswahl sogar dazu gekommen, dass man die unseligen direkten Fernsehduelle der Spitzenkandidaten auch in das hiesige Wahlkampfritual mit einbezogen hat, ganz zu schweigen von der Fezzentrale namens „Kampa”, die einmal als wichtigstes Instrument der Umwandlung der bleichen Mutter SPD in einen Kandidatenwahlverein amerikanischer Prägung betrachtet werden dürfte, oder gar Robbi, Tobbi und dem Guidomobil.

Es ist an der Zeit, mit diesem Unsinn aufzuräumen. Lassen Sie uns unser Möglichstes tun, damit Mr. Chance auf der anderen Seite des Atlantiks bleibt (in England hat er schon Fuß gefasst!). Lassen Sie uns Politiker wählen, die ihn auf internationaler Ebene als den behandeln, der er ist: ein Idiot. Und lassen Sie uns unsere Freunde in Amerika bei ihren Bemühungen unterstützen, ihn endlich in seinen Garten zurückzuschicken und seine Rosenstöcke beschneiden zu lassen. Ignorieren wir in Zukunft die Fährnisse des jungen Prinzen William und übergehen wir die Frage, ob Britney Spears künstlich vergrößerte Brüste hat oder nicht, mit dem geziemenden Schweigen. Kümmern wir uns wieder um unsere eigenen Angelegenheiten. Heute ist der erste Tag vom Rest unserer Geschichte.

Grassierender Kinderwahn

Warum unsere Geburtenrate noch viel zu hoch ist

Deutschland ist also am Ende. Der einst lebensfroh strotzende Volkskörper hat sich in ein zusammenhangloses Nebeneinander von „Bastelbiographien“ und „Flickwerkfamilien“ verwandelt, das der „Anbetung des eigenen Bauchnabels“ verfallen ist, „Masche für Masche“ des sozialen Netzes zerreißt und bei all dem die Lust an der biologischen Reproduktion verloren hat; die Frauen haben es aufgegeben, ihren Männern ein gemütliches Heim zu bereiten, dafür aber die Bewusstseinsindustrie übernommen, von wo aus sie die endzeitlich schlaffe Kultur dominieren; wegen des Fehlens der „Überlebensmaschine Familie“ können wir
keine Krisensituationen mehr bestehen; und wenn wir dereinst unseren dritten Jahresurlaub zum Tauchen ans Rote Meer nicht mehr antreten können, weil uns die Zipperlein gar zu sehr plagen, werden uns die Augen aufgehen und wir werden nichts sehen als die lindgrün gestrichenen Wände einer luxuriösen, aber einsamen Altenheimwohnung, die nie vom Lachen unserer Enkel erfüllt war.

So oder ähnlich ist es jedenfalls seit Monaten überall dort zu hören, wo sich die beiden für die heutige Zeit nicht untypisch zeugungsmuffeligen Kleinfamilienvorstände, Scheidungsopfer und Karrierehanseln Matthias Matussek und Frank Schirrmacher (neuerdings sekundiert von der Fernseh-Betriebsnudel Eva Herman) ihren Weg in die Gehörgänge der Öffentlichkeit fräsen. Die Kommandozentrale des Raumschiffs Feuilleton bombardiert die Nation relativ kenntnislos, aber dafür umso eindringlicher mit halb verdauten Bevölkerungsstatistiken und gefühligen Großmutterweisheiten, um das Gewissen der armen Frau Germania wachzurütteln: Sei fruchtbar und mehre dich – wir kriegen sonst keine Rente! Du sollst wieder eine richtige Frau sein, nicht so ein Flintenweib, das einem die Kinder wegnehmen und Karriere machen will! Du sollst Blutsbande knüpfen und zeigen, dass Muttern die Beste ist! Und jetzt aber schnell, sonst verlernen wir das Kindermachen noch ganz und gar!

Nicht weniger unheilschwanger orakelt außerdem in der weltweit viel gelesenen Internetausgabe der Asia Times eine geheimnisumwitterte Sibylle, die sich den sprechenden Kampfnamen „Spengler“ gegeben hat und ihren Lebensunterhalt damit verdient, ungefähr anderthalb Bücher über die europäische Kulturgeschichte gelesen zu haben, in zweihundert Jahren werde man Deutsch und Französisch „ausschließlich in der Hölle“ sprechen. „Spengler“, der seine wahre Identität beharrlich geheim hält, hat die Thesen Samuel Huntingtons vom „Kampf der Kulturen“ mit der biologistischen Geschichtsphilosophie seines großen deutschen Namensvorbilds zu einer meist vergnüglich zu lesenden, immer aber ausgesprochen abstrusen neokonservativen Mischung vermengt, der zufolge die heutigen Europäer gewissen Naturvölkern glichen, die nach dem Kontakt mit der als übermächtig empfundenen westlichen Moderne ihre Lust am Weiterbestehen verloren hätten und auf dem Wege einer allgemeinen Fortpflanzungsverweigerung langsamen Kollektivselbstmord begingen. Unsere eigene Nemesis wäre dabei die geburtenstarke und glaubensfeste muslimische Welt, und eines nicht allzu fernen Tages würde vom Kölner Dom der Ruf der Muezzins weit über die Rheinebene erschallen und die Gläubigen zum Gebet rufen ...

Bei derartig düster dröhnenden Götterdämmerungsakkorden verwundert es nicht, dass auch die deutsche Bundesregierung bereits reagiert hat, um unserem drohenden Aussterben vorzubeugen: Mit der Einführung des Elterngeldes ab dem kommenden Jahr 2007 sollen karrierebenebelte Businesskostümträgerinnen mit Universitätsabschluss zurück auf den Pfad der Tugend gebracht werden und Nachwuchs in die Welt setzen, denn „In Deutschland bekommen die Falschen die Kinder“, so der Bankberater und FDP-Nachwuchsabgeordnete Daniel Bahr, der zwar von 2002 bis 2005 Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für demographische Entwicklung, selbst aber auch noch nicht in dieser Richtung tätig war – vermutlich des drohenden Gehaltsabsturzes auf Filialleiterniveau wegen. Finanziert wird der Geldsegen wie üblich mit Einnahmen, die man noch nicht erzielt hat (letzten Endes also mit einer Staatsanleihe, deren Zinsen wiederum dem geldbesitzenden oberen Mittelstand zugute kommen), und wenn man dann, wie zu erwarten ist, in ein paar Jahren feststellt, dass die ganze Mühe für die Katz war und auch die noch weitergehende Forderung des Exverfassungsrichters Paul Kirchhof nach 10.000 Euro pro Jahr und gebärwilliger Frau zu keiner wesentlichen Erhöhung der Fertilitätsrate geführt haben, wird man vermutlich die Pille verbieten oder einem jüngst von dem amerikanischen Stadtsoziologen Mike Davis geäußerten Vorschlag folgen und öffentliche Fruchtbarkeitsrituale mit Kondomverbrennungen abhalten.

Dass es sich bei dem theoretischen Unterbau des Ganzen um ein Sammelsurium schillernder Sumpfblüten handelt, deren Ausdünstungen nach der „blutigen Idylle des 19. Jahrhunderts“ (taz) und „antizivilisatorischen Reflexen“ (jw) riechen (von der ideengeschichtlichen Wiedergängerei eines „Spengler“ ganz abgesehen), dass die Geburtenraten in Wirklichkeit seit den frühen siebziger Jahren ungefähr auf dem gleichen Stand geblieben sind, dass Akademikerinnen gar nicht viel weniger Kinder bekommen als Nicht-Akademikerinnen, dass hier eine „Traktatgeneration und Putzteufelgruppe“ aus Alt-Maoisten und „Hobby-Biologen“ (Frankfurter Rundschau) blindwütige Panikmache betreibt, um ihre existenzielle männliche Verunsicherung dem Phänomen unabhängige Frau gegenüber zu kaschieren, wurde von anderen und an anderer Stelle bereits ausreichend gewürdigt. Reden wir hier lieber von Überbevölkerung.

Wie bitte? Kein Thema mehr heutzutage, und vor allem nicht in Deutschland? Wir können doch unsere Bevölkerung problemlos ernähren, es werden sogar Agrarflächen stillgelegt? Längst widerlegter Malthusianismus? Keineswegs. Lassen wir unsere Erinnerung zurückschweifen in die siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Damals wurde man von allen Seiten mit Warnungen überhäuft, dass unser Planet bei konstantem Fortschreiten des seinerzeitigen Bevölkerungswachstums in Kürze von einer dreifachen Schicht gestapelter Menschenleiber bedeckt sein würde; Massen asiatischer und afrikanischer Hungerflüchtlinge würden sich auf den Weg ins Gelobte Land Europa machen und bettelnd und marodierend die Straßen unserer Städte verstopfen; die Bevölkerung würde schneller wachsen, als der technische Fortschritt ihre Ernährung weiterhin sichern könnte. Diese Prophezeiung scheint, von ihrem Mittelteil abgesehen, der jeden Tag an den Stränden der Kanarischen Inseln oder vor den Stacheldrahtsperren Ceutas ein Stück mehr Wirklichkeit wird, nicht eingetreten zu sein. Die so genannte „Grüne Revolution“ hat seit den 1950er Jahren eine enorme Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge ermöglicht, und wenigstens einem Bericht der Welternährungsorganisation FAO aus dem Jahr 2000 zufolge müssen wir auch für die nächste Zukunft keine Angst haben, da selbst die für 2030 erwartete Zahl von 8 Milliarden Erdenbürgern genug zu essen haben soll, und das sogar ohne Berücksichtigung des zusätzlichen Anbaupotenzials durch genetisch modifizierte Nahrungsmittel. Zwar musste auch die FAO zwei Jahre später zugeben, dass trotzdem gegenwärtig 800 Millionen Menschen an Unterernährung leiden, aber das wird heute im wesentlichen als Problem der Verteilung, nicht der Produktion angesehen.

Leider handelt es sich hierbei um einen Fall von Blauäugigkeit im fortgeschrittenen Stadium. Die Höhe der gegenwärtigen Nahrungsmittelproduktion ist natürlich keine physikalische Konstante, sondern beruht einzig und allein auf drei Säulen der besagten „Grünen Revolution“, deren mittel- und langfristige Stabilität alles andere als in Beton gegossen ist: erstens der durchgehenden Mechanisierung der Landwirtschaft, zweitens dem flächendeckenden Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln, drittens der extensiven Nutzung der Weltwasservorräte zur Bewässerung von landwirtschaftlich eigentlich ungeeigneten Trocken- und Wüstengebieten. Die dritte Säule ist sicher auch in Zukunft nicht Deutschlands größtes Problem: Zwar wird in einem Bericht der Unesco von 2005 davon geredet, dass die Pro-Kopf-Versorgung mit Wasser im globalen Maßstab zwischen 1970 und 1990 um ein Drittel zurückgegangen ist und bereits heute 500 Millionen Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Frischwasser haben, aber dies spielt natürlich vor allem für Länder wie etwa Syrien eine Rolle, das seine hohe Geburtenrate von 3 Kindern pro Frau nur durch massive Bewässerungsprogramme abfangen kann, ohne die es unweigerlich zu Hungersnöten käme. Die ersten beiden Säulen allerdings sind von unmittelbarer Bedeutung auch für Mitteleuropa, weil sie nicht von der problemlosen Verfügbarkeit billiger Primärenergie aus fossilen Rohstoffen zu trennen sind, denn nur dadurch ist ja ein wirtschaftlicher Betrieb der Traktoren- und Mähdrescherflotten der Welt erst möglich, nur dadurch können die auf Erdölbasis beruhenden Insektizide und Pestizide produziert werden, ohne die der auf riesigen Monokulturen basierende Anbau nicht möglich ist, und nur dadurch rechnet sich die Synthetisierung des benötigten Stickstoffdüngers durch das Erdgas fressende Haber-Bosch-Verfahren, bei dem zur Herstellung eines Kilogramms Dünger das Energieäquivalent von fast anderthalb Liter Erdöl aufgewendet werden muss (wenn Sie den Grund wissen wollen, warum keine deutsche Regierung Russland jemals öffentlich wegen dessen Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien anklagen würde – schauen Sie auf Ihre Gasrechnung, oder gehen Sie in eine Düngemittelfabrik).

Wie aber neuerdings selbst die neoliberalen Stoßtrupps von Handelsblatt und FAZ oder der frühere US-Energiestaatsminister James Schlesinger zugeben müssen, ist ebendiese problemlose Verfügbarkeit billiger Primärenergie aus fossilen Rohstoffen mittel- und langfristig nicht mehr gegeben, weil die jährliche Welt-Ölfördermenge in den nächsten Jahren ihr Maximum erreichen wird oder es bereits erreicht hat – Peak Oil. Über den genauen Zeitpunkt streiten die Experten noch, aber dass die Menge des zur Verfügung stehenden fossilen Treibstoffs in nicht allzu ferner Zukunft langsam, aber unaufhaltsam sinken wird und damit den wachsenden Bedarf nicht mehr decken kann, wird nur noch von Branchenaußenseitern bestritten und hat inzwischen sogar Aufnahme in ein offizielles Thesenpapier für den St.-Petersburger G-8-Gipfel im vergangenen Juli gefunden. Das ist kein Grund dafür, in Dauerpanik zu verfallen und in die Rolle des hilflosen Statisten in einem dunkel-depressiven Weltuntergangsfilm zu verfallen, aber es bedeutet doch ganz elementar, dass die Ölförderung – kanadischer Ölschiefer hin, saudisches Schweröl her – nach Schätzungen unabhängiger Geologen in etwa dreißig Jahren auf den Stand der frühen achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückgegangen sein wird. Das hört sich nicht allzu dramatisch an (Hey Mann, die Achtziger...!), aber damals waren wir eben noch die einzigen Säufer weit und breit und mussten weder Indien noch die südostasiatischen Tiger oder gar China als konkurrierende Schluckspechte fürchten. Außerdem werden wir uns sicher auch schwer damit tun, wieder in einer Welt zu leben, deren Gesamt-Wirtschaftsleistung nur halb so hoch war wie die heutige, wenn darin gleichzeitig nicht die damaligen viereinhalb, sondern acht oder neun Milliarden Menschen Arbeit, Obdach und Brot suchen. Die FAZ jedenfalls rät zu Investitionen in „innovative kleinere und mittlere Unternehmen“, die sich mit der Ölförderung beschäftigen, denn hier wird in den nächsten Jahrzehnten dank astronomisch steigender Preise ordentlich Reibach zu machen sein – und dies wegen der drogenartigen Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom Öl ohne jeden überflüssigen Schnickschnack wie Marketingkampagnen, Einhaltung von Umweltstandards oder Goodwill-Aktionen zur Beruhigung von Greenpeace.

Wie eng die Versorgungslage bereits heute ist, zeigen die Rohölpreise des vergangenen Sommers: ein kleiner Grenzkrieg in Nahost, ein paar Entführungen in Nigeria, eine ausfallende Ölleitung in Alaska – und schon schießt der Barrel auf fast 80 Dollar hoch, womit der Preis inflationsbereinigt fast an die historischen Rekordmarken der zweiten Ölkrise 1978 heranreicht. Und trotz des aktuell wieder stark gefallenen Preises ist das längst nicht das Ende der Fahnenstange, denn eine weitere Verknappung des Angebots wird notwendigerweise irgendwann zum Fall der 100-Dollar-Marke führen, und dann heißt es: Anything goes ... Die steigenden Ölpreise bedeuten selbstverständlich nicht nur, dass wir uns den oben erwähnten dritten Jahresurlaub zum Tauchen ans Rote Meer, wie man so schön sagt, in die Haare schmieren können; sie werden langfristig auch enormen Druck auf den Agrarsektor ausüben. Zum einen wird der fossile Treibstoff für Traktoren und Mähdrescher irgendwann so teuer, dass eine wahre Stampede auf Anbau und Produktion von Biotreibstoffen wie Rapsdiesel oder Ethanol einsetzen wird, was derzeit bereits ansatzweise in den USA zu beobachten ist, deren Maisernte dem dortigen Landwirtschaftsministerium zufolge nächstes Jahr zu 20 bis 25 % in die Ethanolherstellung gehen soll. Zum anderen dürfte der Bedarf an Erdgas für Hausheizungen und Prozesswärme in der Industrie parallel dazu den Haber-Bosch-Prozess so stark verteuern, dass irgendwann der gute alte Stallmist wieder zu seinem Recht kommt. Alles ökologisch, praktisch, gut. Leider aber mit enormem Flächenverbrauch und sinkenden Hektarerträgen verbunden, was notwendigerweise zu einer insgesamt sinkenden Nahrungsmittelproduktion führt.

Kein Grund zur Panik, aus Bauern werden eben Ölscheichs? Hören wir mal, was Frau Pi und Herr Daumen zum Thema Biotreibstoff meinen: Die beispielsweise aus einem Hektar Raps gewonnene Biomasse kann zu etwa 30 Prozent in Treibstoff umgewandelt werden und liefert dabei um die 1400 Liter Biodiesel, mit denen aufgrund des geringeren Brennwerts aber nur 1200 Liter Fossildiesel ersetzt werden können. Leider wird in optimistischen Zukunftsszenarien gerne vergessen, dass für Düngung, Feldbearbeitung und Pflanzenschutz sowie für die Arbeitsvorgänge in Ölmühle und Umesterungsanlage ebenfalls Energie aufgewendet werden muss, in diesem Fall den neuesten Angaben zufolge das energetische Äquivalent von satten 800 Litern Diesel, die bei dem Wunschziel völliger Unabhängigkeit von fossiler oder Atomenergie natürlich vom Gesamtertrag gleich wieder abgezogen werden müssen. Auf der Habenseite fallen noch Nebenprodukte wie Rapsstroh als Futtermittel oder Glycerin an, zu deren Herstellung dann wiederum keine fossile Energie verwendet werden muss, aber der tatsächlich nutzbare Reinertrag pro Hektar dürfte sich Branchenangaben zufolge auf nicht mehr als 800 Liter belaufen. Um damit alle deutschen Pkw und Lkw ein Jahr lang „nachhaltig“ antreiben zu können (ungefährer Gesamtbedarf: ca. 50 Milliarden Tonnen), müsste die gigantische Fläche von 750.000 Quadratkilometern Ackerland mit Raps bepflanzt werden, das ist etwas weniger als die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Europäischen Union (in Wirklichkeit sind es sogar bis zu 3 Millionen, weil Raps nur alle drei bis vier Jahre auf demselben Feld angebaut werden kann). Das hat unerwartete Folgen auch für den landwirtschaftlichen Mechanisierungsgrad, denn wenn man bedenkt, dass nach einer jüngst veröffentlichten Studie für Bodenbearbeitung und Ernte beim Rapsanbau jährlich um die 150 Liter Kraftstoff je Hektar an Maschinenleistung aufgewendet werden müssen, ergibt sich ein bestenfalls zu erzielendes Nettoverhältnis von 1 Hektar Anbaufläche für den Betriebsstoff zu knapp 6 Hektar Fläche, die man damit bearbeiten kann. Dieses Verhältnis ist, wenn man den Zahlen des bekannten irischen Zugpferdexperten Charlie Pinney glauben will, keineswegs besser als in der traditionellen Pferdewirtschaft, in der ein durchschnittlicher 40-Hektar-Betrieb mit 5 Pferden bewirtschaftet werden konnte, die etwa 5 Hektar zusätzliche eigene Weidefläche benötigten – ganz abgesehen davon, dass für die „Herstellung“ eines Pferdes keine weitere Energie fressende technische Infrastruktur erforderlich ist.

Und Brasilien? Verlieren wir uns nicht in tropischen Fata Morganas: Die dortige Ethanolherstellung ist nur deshalb wirtschaftlich, weil für einen Großteil der Böden aufgrund von deren hoher natürlicher Fruchtbarkeit kaum Mineraldüngung erforderlich ist, das Zuckerrohr für seine eigene Stickstoffdüngung sorgt, das warme Klima mehrere Ernten im Jahr ermöglicht und die für die Herstellung eingesetzte Energie zum großen Teil nicht von Maschinen, sondern von einem Heer schlecht bezahlter Wanderarbeiter geleistet wird, die die Pflanzen wie zu Urgroßvaters Zeiten mehrmals jährlich durch Brandrodung und den Einsatz ihrer Macheten ernten. Brasilianisches Zuckerrohr ermöglicht Studien zufolge eine Netto-Energiebilanz von ungefähr 9 zu 1, die Ethanolherstellung aus europäischen Zuckerrüben nur von 1,3 zu 1! Darüber hinaus bedroht die geplante Ausweitung der Produktion von Biosprit durch ökologisch katastrophale, mit hohem Pestizid-Einsatz bewirtschaftete Zuckerrohr-Monokulturen wertvolle Naturreservate wie den Pantanal oder den Regenwald im Norden des Bundesstaats Mato Grosso und stellt – wie schon die großflächigen Soja- und Eukalyptusplantagen oder die riesigen, für die extensive Rinderhaltung verschwendeten Weideländer – geradezu einen Schlag ins Gesicht der 1,5 Millionen brasilianischen Landlosen dar, die keinen Boden finden, um ihre Familien zu ernähren. Aus Verzweiflung über die Pläne der Regierung in Brasilia, das Verbot von Ethanolfabriken im Pantanal aufzuheben, verbrannte sich Ende letzten Jahres der brasilianische Umweltaktivist Francisco Gomes de Barros; erst dadurch wurde die Öffentlichkeit wachgerüttelt, und man entschied sich gegen die Fabriken. Ähnliche Verhältnisse hierzulande sind weder denkbar noch wünschenswert.

Auch die Umsetzung anderer Modellrechnungen für den Einsatz erneuerbarer Energieträger könnte zu einer gewissen Enge in Deutschland führen: So präsentierte beispielsweise die stets optimistische Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) im Jahr 2003 Zahlen, nach denen der Strombedarf von fünf durchschnittlichen Einfamilienhäusern mit zwei bis drei Bewohnern ein Jahr lang durch das Biogas, das aus einem einzigen Hektar Mais gewonnen wird, gedeckt werden könnte. Das hört sich zunächst nicht schlecht an, allerdings wird auch hier wieder die für den Anbau einzusetzende Energie vernachlässigt, und außerdem bedeutet es, das allein für die private Stromversorgung Deutschlands (ca. 4000 kWh pro Haushalt laut Verband der Elektrizitätswirtschaft) satte 7 Millionen Hektar, das ist über ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Anbaufläche, mit Mais bepflanzt werden müssten – vom industriellen Strombedarf ganz zu schweigen, für den weitere 5000 kWh pro Kopf zu veranschlagen sind. Ein weiteres Paradebeispiel ist die Heizung der Privathaushalte: Ein Hektar Wald liefert durchschnittlich 7 Festmeter nachwachsende Biomasse im Jahr, das sind ungefähr 4 Tonnen Holz mit einem maximalen Brennwert, der dem von 2400 Litern Heizöl entspricht. Insgesamt werden in Deutschland derzeit um die 35 Milliarden Liter Heizöl pro Jahr verbraucht, deren Ersetzung für die Privatheizung etwa in Form von Holzpellets würde also zu einem weiteren Flächenbedarf in Höhe von 145.000 Quadratkilometern Wald führen, das ist fast das Anderthalbfache der derzeitigen Gesamt-Waldfläche. Man könnte es unter den günstigsten Umständen vielleicht schaffen, so viel Energie wie möglich zu sparen und einen Großteil der noch benötigten Menge durch Geothermie, Windkraft und Sonnenenergie zu erzeugen, aber selbst dann würde man immer noch riesige Flächen brauchen, um die Energieträger zu erzeugen, mit denen die so gewonnene Primärenergie für Verkehr, selbstfahrende Arbeitsmaschinen, die winterliche Heizperiode und die chemische Industrie erst nutzbar würde (ob das dann noch wirtschaftlich ist, sei dahingestellt).

Was da insgesamt auf uns zukommt, können wir einem simplen Vergleich der Zahlen für Bevölkerung und landwirtschaftlich genutzte Fläche vom Ende des 19. Jahrhunderts mit den heutigen Werten entnehmen: Vor der flächendeckenden Einführung des Kunstdüngers und der Mechanisierung der Landwirtschaft, aber bei Gewährleistung einer gewissen technischen Infrastruktur durch Ausbeutung der heimischen Kohlevorkommen und den Einfuhr chilenischen Guano-Düngers war das Deutsche Reich 1882 mit seinen 540.000 Quadratkilometern Gesamtfläche (davon 320.000 landwirtschaftlich genutzt) in der Lage, ungefähr 45 Millionen Einwohner zu ernähren, das entspricht einem landwirtschaftlichen Flächenbedarf von 0,7 Hektar pro Kopf, einschließlich eines guten Zehntels, das für die Ernährung der Zugtiere reserviert war, und der für den Anbau von Textilrohstoffen wie Flachs benötigten Äcker. Die heute landwirtschaftlich genutzte Fläche der Bundesrepublik Deutschland von ca. 190.000 Quadratkilometern ergibt einen Vergleichswert von nur 0,2 Hektar pro Kopf! Darüber hinaus lagen die Provinzen mit dem höchsten landwirtschaftlichen Nutzungsgrad seinerzeit östlich der Oder in den heute zu Polen gehörigen Gebieten. Viel Spielraum gab es im Kaiserreich aber trotz der ost- und westpreußischen Kornkammern nicht: Deutschland galt zwar hinsichtlich der Nahrungsmittel als Selbstversorger, konnte aber die damaligen enorm hohen Geburtenraten (um die fünf Kinder pro Frau) nicht durch eine weitere Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und ausreichendes wirtschaftliches Wachstum ausgleichen, sodass in die letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts die „Gründerjahre“ des deutschen Imperialismus ebenso wie der Zeitraum mit den höchsten Auswandererzahlen (1881-84) fallen.

Und nun die Preisfrage: Wie viele Menschen könnte denn das heutige Deutschland auf seiner Fläche maximal ernähren, wenn keine fossile Energie mehr zur Verfügung steht, auf Atomkraft verzichtet wird, außerdem – warum nicht die Utopie wagen? – die gesamte Landwirtschaft nur noch Bio-Lebensmittel produziert und dazu ausreichend Naturschutzreservate eingerichtet werden, um den hierzulande noch vorkommenden Arten Rückzugsräume zu bieten, trotzdem aber ein Mindestmaß an technischer Zivilisation aufrechterhalten werden soll?

Die genau Beantwortung wollen wir einer noch zu schreibenden Diplomarbeit oder Dissertation im Fach Volkswirtschaftslehre oder Ökotrophologie überlassen, aber der World Wildlife Fund hat Deutschland vor kurzem in seinem Living Planet Report unter den Ländern aufgeführt, deren ökologischer „Fußabdruck“ ihre biologische Tragfähigkeit um mehr als 50 Prozent überschreitet. Und auch das bewährte Duo Pi und Daumen liefert uns einen ersten Anhaltspunkt über die zu erwartenden Zahlen: Die gesamte hierzulande verbrauchte Primärenergiemenge betrug 2005 die enorme Menge von 14257 Petajoule (14.257.000.000.000.000.000 Joule), das ergibt einen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von ungefähr 175 Gigajoule oder knapp 6 Tonnen Steinkohleäquivalent (zum Vergleich: in Nordamerika verbraucht man 340 Gigajoule pro Kopf, in Afrika nur 15 Gigajoule). Bezogen auf den Endverbrauch schlüsselt sich diese Summe ungefähr wie folgt auf: 40 % für Heizung und Warmwasser, 30 % für den Verkehr, 20 % für den Stromverbrauch und der Rest für Prozesswärme usw. in der Industrie. Nehmen wir nun an, dass unter den günstigsten Umständen der derzeitige Stromverbrauch durch effizientere Einsparungstechniken auf etwa ein Drittel gesenkt und zur Hälfte durch regenerative Energien bereitgestellt werden könnte (eine vollständige Ersetzung durch Sonnen- oder Windenergie ist unmöglich, weil eine ausfallsichere Grundlast vorhanden sein muss, die nicht von den jeweiligen Wind- bzw. Lichtverhältnissen abhängt). Ebenso würden wir alle nur noch Drei-Liter-Autos fahren und unsere Jahres-Kilometerleistung so weit reduzieren, dass der Treibstoffverbrauch insgesamt auf ein Viertel des heutigen Werts zurückginge. Der Heizenergiebedarf würde durch effizientere Dämmung auf die Hälfte gesenkt und weiterhin zur Hälfte durch Solarheizungen gedeckt. Selbst in diesem äußerst optimistischen Szenario blieben uns noch 30 Gigajoule oder 1 Tonne Steinkohleäquivalent pro Kopf, die wir irgendwie aus der vorhandenen Biomasse gewinnen müssten. Der erforderliche Flächenbedarf ist so gut wie unmöglich exakt zu ermitteln, aber der gesuchte Wert dürfte optimalerweise irgendwo im Bereich schnellwachsender Baumarten für die Hausheizung (bis zu 10 Festmeter Zuwachs pro Jahr und Hektar, ergibt gut 100 Gigajoule Brennwert), der Biogaserzeugung aus Silomais oder der Herstellung des neuen Wunder-Biotreibstoffs „SunDiesel“ (laut FNR jeweils bis zu 120 Gigajoule jährlicher Netto-Energieertrag pro Hektar) liegen, womit ein Durchschnittspotential von gut 100 Gigajoule pro Hektar zu erwirtschaften sein sollte. Bei Umwandlungen in andere Energieformen treten natürlich unweigerlich Umwandlungsverluste auf, nehmen wir also lieber einen Wert von 70 Gigajoule pro Hektar an (das ist technisch gesehen immer noch sehr optimistisch!), sodass sich ein Flächenbedarf für die Energieerzeugung von 0,4 Hektar pro Kopf ergibt.

Dazu käme noch die Pro-Kopf-Fläche für den Nahrungsmittelanbau, die wegen der geringeren Erträge beim Biolandbau und des gestiegenen Bedarfs an Wolle und anderen Bekleidungsrohstoffen größer wäre als heute, dank fortschrittlicher Anbaumethoden und besseren Saatguts aber sicher nicht so groß wie 1882. Ein Wert von 0,5 Hektar pro Person dürfte auf jeden Fall ausreichend sein. Insgesamt braucht eine Person in unserem biologisch-dynamischen Deutschland also eine Fläche von ungefähr 0,9 Hektar für die Energie- und Nahrungsmittelerzeugung. Jetzt können wir eine Gesamtabschätzung vornehmen: Realistischerweise müssen wir die landwirtschaftlich nutzbare Gesamtfläche etwas geringer als den aktuellen Wert ansetzen, weil heute viele frühere Heidegebiete beackert werden, die ihre natürliche Fruchtbarkeit schon in der Bronzezeit oder im Mittelalter verloren haben und ohne den Einsatz von Kunstdünger für den Feldbau schlicht ausfallen; ein Wert von 150.000 Quadratkilometern dürfte aber im Bereich des Möglichen liegen. Auf der anderen Seite können wir sicher die Hälfte der heutigen Waldfläche (100.000 Quadratkilometer) in unsere Berechnung mit einbeziehen, um sie zur Erzeugung von Biomasse und Brennholz zu nutzen. Mehr sollte es nicht sein, um nicht die gewünschten Rückzugsräume für Artenschutz und Erholung zu gefährden und das Land nicht in eine ökologisch tote Ansammlung von Energiepflanzen-Monokulturen zu verwandeln, außerdem finden sich Wälder oft in land- oder fortwirtschaftlich schwer nutzbaren Höhenlagen (und Möbel brauchen wir schließlich auch). Insgesamt ergibt das eine maximal nutzbare Fläche von etwa 200.000 Quadratkilometern und damit eine „nachhaltige“ Bevölkerungszahl von, Luft anhalten, ungefähr 22 Millionen Einwohnern.

Das erscheint Ihnen beunruhigend wenig im Vergleich mit den heutigen 82 Millionen? Vergessen Sie dabei nicht, dass wir oben die für die Herstellung von Solaranlagen und Windrädern erforderliche Energie sowie den Flächenbedarf für „Kunststoffersatzpflanzen“ wie Hanf ignoriert haben, der wirkliche Wert ist also möglicherweise noch viel kleiner ... Natürlich gibt es auch energiepolitische Alternativen: So könnte man beispielsweise in Deutschland mehrere hundert schnelle Brüter bauen, die den Gesamtenergieverbrauch auf dem derzeitigen Niveau halten und eine möglichst langfristige Nutzung der verfügbaren Uranvorräte gewährleisten würden. (Die heutige Zahl an konventionellen Reaktoren ist laut Zahlen der Internationalen Atomenergiebehörde bei konstantem Verbrauch auch nur noch maximal 50 bis 100 Jahre mit Brennstoff zu versorgen.) Die von diesen Brutreaktoren erzeugte Energie könnte dann über Stromnetze verteilt werden, um Häuser zu heizen, Waschmaschinen wie Industrieanlagen zu betreiben, Wasserstoff und Biosprit für den Individualverkehr zu erzeugen, Stickstoffdünger mit Hilfe von Wasserstoff zu gewinnen und den Massentransport von Gütern und Personen über das Eisenbahnnetz abzuwickeln. Dazu würden natürlich auch mehrere, über das ganze Land verteilte Wiederaufbereitungsanlagen vom Kaliber Wackersdorf gehören, und die Veteranen der Anti-Atom-Bewegung hätten endlich wieder etwas anderes zu tun als den Enkeln von ihren Erlebnissen damals beim Steinewerfen am Bauzaun vorzuschwärmen. Diese Alternative ist natürlich schon wegen der Menge des dabei anfallenden Atommülls, der zur Kühlung nötigen, absurd hohen Erwärmung der deutschen Flüsse und der eklatanten Betriebsmängel der bisher gebauten Testbrüter keine, aber immerhin gibt es ja am Horizont den kleinen Silberstreif Fusionsenergie ... Leider handelt es sich hierbei um einen Galopper, der im Führring immer einen glänzenden Eindruck macht, aber draußen auf der Rennbahn dann regelmäßig nach wenigen Metern zusammenbricht. Wie oft hat man uns schon diese saubere und unerschöpfliche Energiequelle gepriesen, die die Sonnenenergie nicht sekundär nutzen, sondern ihre Erzeugung nachahmen würde, deren Rohstoff in unerschöpflichen Mengen überall vorhanden ist, die endlich das Tor zum Zeitalter der Sterne aufstoßen könnte ...! Nun, selbst die hartnäckigsten Optimisten und Fusionsfreaks gehen heute nicht mehr davon aus, dass ein erster Reaktor-Prototyp vor dem Jahr 2050 den Betrieb aufnehmen kann, was angesichts des unmittelbar drohenden Ölfördermaximums, gelinde gesagt, ein wenig spät ist. Wir können die Möglichkeit keinesfalls ausschließen, dass langfristig gesehen die Energiefrage auf diese Art und Weise tatsächlich irgendwann endgültig gelöst und damit das Tor zu einer Science-Fiction-Welt unerschöpflicher Energie aufgestoßen wird, momentan würden nur unverbesserliche Zocker oder CDU-Energieexperten ihr Geld darauf setzen.

Auch die Freunde der Sonnenenergie werfen gerne mit unrealistischen Zahlen um sich: So nimmt man etwa die 750 bis 1000 Kilowattstunden Sonnenlicht, die pro Jahr im Durchschnitt auf jeden Quadratmeter mitteleuropäischen Bodens fallen, multipliziert sie mit der vorhandenen Fläche und erreicht damit natürlich eine astronomisch hohe Energieausbeute, die man dann mit Wasserstoff als Energieträger für eine bruchlose Fortsetzung der technischen Zivilisation nutzen will. Dagegen gibt es unmittelbar einleuchtende Einwände, schließlich wird diese Energie zu einem nicht geringen Teil dafür benötigt, Atmosphäre und Bodenoberfläche zu erwärmen sowie das Pflanzenwachstum anzutreiben, außerdem ist der Gesamtwirkungsgrad der „solaren Wasserstoffwirtschaft“ wegen des hohen Energiebedarfs für die Herstellung der Fotovoltaikelemente und der verlustreichen Wasserstoffgewinnung und -speicherung ausgesprochen niedrig – die Solartechnik, die effizienter Sonnenlicht einfängt und in chemisch nutzbare Energieträger umwandelt als die in Jahrmillionen der Evolution entstandene natürliche Vegetation, muss erst noch erfunden werden. In wirtschaftlicher Hinsicht fällt hier aber vor allem das Argument ins Gewicht, dass die solare High-Tech-Industrie mit ihrem hohen Bedarf an exotischen Metallen, Kunststoffen und anspruchsvollen Produktionsverfahren gar nicht ohne die heute existierende technische Infrastruktur denkbar ist – und die basiert nun mal voll und ganz auf billiger fossiler Energie und billigen fossilen Rohstoffen. Sie vollständig zu ersetzen würde bedeuten, Bohrhämmer, Förderbänder, Minenkipper, Schmelzöfen, Transportbahnen, Frachtschiffe, Veredelungsanlagen, chemische Reaktoren, Reinräume, Vakuumkammern, Lkws und, und, und mit Sonnenenergie oder Biodiesel zu betreiben und außerdem alle dazu benötigten Kunststoffe auf pflanzlicher Basis herzustellen. Das ist technisch sicher nicht unmöglich, aber es ist technisch auch nicht unmöglich, beispielsweise unseren mineralischen Rohstoffbedarf mit einer Flotte von reaktivierten Apollokapseln zu decken, die mit jeweils drei Mann Besatzung zum Schürfen auf den Mond geschickt werden, nur ist es eben leider weit entfernt von jeder Wirtschaftlichkeit. In diesem Zusammenhang sind auch die beliebten Modellrechnungen, nach denen eine bestimmte alternative Energieform „ab einem Kilowatt-/Rohöl-/Tonnenpreis von X Euro“ konkurrenzfähig wird, nur schöner Selbstbetrug – wenn fossile Rohstoffe teurer werden, wird auch die gesamte industrielle Infrastruktur teurer, und damit erhöht sich automatisch der Preis jeder Energieform, die davon in irgendeiner Weise abhängt (also von allen außer dem Zugpferd).

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Nach dem Ende der fossilen Energiewirtschaft werden in Deutschland (wie in jedem anderen Land der Welt) vermutlich sehr viel weniger Menschen Platz finden als heute. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute lautet, dass fossile Rohstoffe noch einige Jahrzehnte zur Verfügung stehen werden, wir haben also noch ausreichend Zeit, eine niedrigere Bevölkerungszahl nicht durch Hungersnöte, Kriege und Seuchen zu erreichen (den historisch bewährten Methoden, wie etwa in Jared Diamonds Kollaps nachzulesen), sondern einfach dadurch, dass wir beim Fortpflanzen weiter so faul sind wie bisher und in Zukunft noch fauler werden. Die Frage, ob unsere Geburtenrate aus den in konservativer Sicht „falschen“ Gründen so niedrig ist (zu viele Karrierefrauen, zu viele Schwule, zu viele Atheisten, zu viele Selbstverwirklicher), können wir dabei getrost ignorieren. Hauptsache, sie ist überhaupt niedrig – und bleibt es auch.

Und jetzt kommen natürlich die Milchmädchen und wollen ihre Rente haben. In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, sich an zwei Konzepte zu erinnern, die bei der gesellschaftlichen Debatte zu diesem Thema in der Regel nicht allzuviel Beachtung erfahren: den gesunden Menschenverstand und die Sozialethik. Ersterer verrät uns, dass eine Gesellschaft, die immer weniger Kinder hat, auch immer weniger Steuergelder für Kindergärten, Spielplätze, Schulen, Universitäten, Antiraucherkampagnen und die Bekämpfung der Jugendkriminalität ausgeben muss. Dass die dabei eingesparten Summen in der Regel nicht direkt der steigenden Rentnerzahl zugute kommen, ist ein politisches Problem, kein grundsätzliches. Ebenso politisch, und damit kommen wir zur Sozialethik, ist die Frage der gerechten Verteilung des ja weiterhin erwirtschafteten gesellschaftlichen Reichtums in Deutschland. Hier haben wir noch einige Defizite, schließlich leben wir in einem Land, in dem einer jüngst veröffentlichten Studie zufolge lediglich zwei Prozent aller heute 30- bis 60-Jährigen (die „Erbengeneration“) in den nächsten zehn Jahren ein Viertel des privat gehorteten Reichtum in Höhe von insgesamt 1,4 Billionen Euro erben werden, was die Frage der Altersversorgung für diesen Bevölkerungsteil durchaus weniger schwerwiegend erscheinen lässt. Es ist zwar nicht so schnell zu erwarten, dass der im Parlament hauptsächlich vertretende Mittelstand sich ins eigene Fleisch schneidet und etwa die Erbschaftssteuer erhöht, aber wie man etwa bei der 2008 anstehenden Quellensteueranhebung sehen kann, ist bis jetzt noch jeder Apfel zu Boden gefallen, an dem die Schwerkraft lange genug gezogen hat. Eine schrumpfende Bevölkerung stellt die Sozialsysteme vor ungekannte Probleme und erfordert neue Mechanism der – garstig Wort! – Umverteilung, ein Weltuntergang ist sie nicht.

Aber ist das alles nicht schlimm, kein Kinderlachen mehr auf den Straßen, keine lärmende Enkelschar mehr, die zum siebzigsten Geburtstag mit Opa auf dem Schaukelstuhl wackelt? Im Gegenteil, es ist wunderbar! Lasst tausend Blumen blühen, lautet die Devise, bleibt in Hintertupfingen oder reist um die Welt, arbeitet euch den Arsch ab oder werdet Zen-Mönch, kauft einen Bio-Bauernhof oder räumt das Kadewe aus, bleibt monogam oder versinkt im modernen Beziehungschaos, geht nach Rio oder London und werdet dort Spiegel-Korrespondent oder redigiert die Kreiszeitung, stürmt in jungen Jahren auf den Chefsessel des FAZ-Feuiletons oder schreibt für die Schublade, werdet Fernsehmoderatoren oder schmeißt das Glotzdings aus dem Fenster, bleibt kinderlos, gründet Großfamilien, rettet die Welt, rettet euch selbst, und wenn ihr Kinder habt, kümmert euch anständig um sie! Aber hört bloß nicht auf die Ökoterroristen, die euch einreden, es gäbe zu wenig davon ... und über die Frage, wie man die Geburtenrate wieder höher schrauben kann, dürfen sich dann ruhig unsere Urenkel streiten.